Wunschkonzert // FFT // 03.05.13
Warten. Ankommen. Suchen. Gewohnheiten abarbeiten. Warten. Eingesperrt sein. Suchen. (Was eigentlich?) Wachen. Kochen. Putzen. Suchen. Kriechen. Schlafen? Wachen. Warten. (Worauf eigentlich?) Dem Wahnsinn entgegentreten und dem Zweifel, der Angst. Urinieren und abstrakt Liebe machen.
All das vertanzt Maura Morales im „Wunschkonzert“, das das FFT – „Forum Freies Theater Düsseldorf“ – im Rahmen eines Zuschauer-“Wunschkonzerts“ zeigt (…)
Mit raumgreifenden, ineinander fließenden und gleichzeitig abgehackten, teilweise krankhaft verzerrten Bewegungen füllt sie die Bühne, die viel zu groß für sie wirkt. Dicke schwarze Linien auf weißen Wänden skizzieren eine Küche – Spüle, Herd, Tisch, Teppich, Radio und zwei Fenster die den Blick auf weitere Fenster freigeben. Von Freiheit keine Spur. Alles zu, alles geschlossen, abgeschlossen. Fast entmenschlicht bewegt sich die Frau durch die Einzimmerwohnung, die ein Gefängnis für sie geworden ist.
„Und nun hier für Sie: das „Wunschkonzert“ auf „Radio Dauerwelle“…“
Musik – elektronisch – und Alltags-Geräusche – laut, intensiv und sehr realistisch – begleiten und leiten die Bewegungen der Frau. Sie versucht alles, um aus diesem immergleichen Zyklus auszubrechen und hat gleichzeitig schon aufgegeben. Sie bewegt sich lautlos und doch energisch. Musik und Geräusche scheinen mal mit und mal gegen sie zu arbeiten. Harte Brüche und harte Töne füllen das 70-minütige Kompositum. 70 Minuten, die sich anfühlen wie zehn, weil kaum Pausen entstehen, die dicht gefühlt sind, obwohl das meiste doch im Kopf der Protagonistin passieren zu scheint.
Unterstützt von literarischen Einspielern entsteht so das Bild einer Frau, die offenkundig unter extremen Selbstzweifeln, Depressionen und Furcht, ja, Panik leidet. Maura Morales’ Tanzstück arbeitet auch mit Worten. Die Tänzerin bleibt jedoch stumm. Nur aus dem Radio ertönt das „Wunschkonzert“ von „Radio Dauerwelle“.
(….) Radikal und schonungslos zeichnet die kubanische Tänzerin, Choreographin und Regisseurin, die bereits in vielen Stücken die weiblichen Hauptrollen getanzt hat, das Portrait einer zutiefst verstörten Frau. Das Stück schafft es, gleichzeitig alle Formen von Einsamkeit und Entfremdung abzufeiern, ohne dabei allzu plakativ daherzukommen. Zwar gibt es keine Wendung, keinen erkennbaren Spannungsbogen, sondern Verzweiflung von Anfang bis Ende, alles andere wäre aber eben auch einfach nicht ehrlich. Für manche Menschen gibt es einfach kein Happy End.
Düsseldorf ist ARTig, 3.5.2013