Pressestimmen zu “Wunschkonzert” 2020

Virtuoser Tanz gegen die Einsamkeit
Dennis Vollmer, WAZ, 8.6.2020

Wie tanzt man Einsamkeit? Wie beherrscht die Sehnsucht unseren Körper?  Im Zittern, im Erstarren, im Fallen und Aufrichten hat die Choreographin Maura Morales eine eigene starke Sprache gefunden, die die Fragen um Emanzipation und weibliche Lust neu stellt. Ihr „Wunschkonzert“ am Freitag und Samstag im Ringlokschuppen erhielt nicht nur durch die Corona-Bedingungen einen neuen Deutungsrahmen. […] Morales kontrastiert die provokativ- erotischen Radiopassagen immer wieder virtuos mit krampfartigen, isolierten Bewegungen zu knochenknackenden Beats. Hände, Füße, Kopf scheinen nicht mehr zusammen zu gehören. In solchen Augenblicken stehen Haare zu bergen. Rebelliert der Körper gegen seine entmenschlichte Umwelt? Oder sind das seine letzten Zuckungen? […] Doch anders als Kroetz´ „Wunschkonzert“ will die Tanzbearbeitung kein ironisierendes Gemälde einer „sauberen Gesellschaft“ sein. Morales zeigt Rasch vielmehr mitfühlend als tragische Frau, die an ihrer Entfremdung leidet. Und öffnet damit einen Blick auf eine zutiefst feministische Betrachtung der strukturellen Gewalt gegenüber weiblicher Lust.

Es geht nicht glatt
Melanie Suchy, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2020

Dieses Solo mit Sound lamentiert nicht. Es unterhält, ganz wunschkonzertmäßig, und verdreht gleichzeitig das Verständnis von Unterhaltung. Grell und traurig, verschroben in seiner Ordentlichkeit. Von Kroetz einst politisch gemeint als Aufruf zum Aufstand der An- und Eingepassten, wird das Stück bei Morales zum verheimlichten oder imaginierten privaten Aufstand gegen Anstand. Oder, im Gegenteil, statt aufzustehen, verfällt ihre Figur: ihren Ticks und der Männerstimme, die körperlos aus dem Radio tönt. Sie selber scheint keine Stimme zu haben, höchstens eine innere, die sich durch die Glieder des Frauenkörpers drängelt, unverstanden.

Die Seele – ein gordischer Knoten
Horst Dichanz, O-TON Kulturmagazin, 11.9.2020

Maura Morales, von kubanischer Herkunft, hat ihr tänzerisches Temperament in die Wiege gelegt bekommen. Sie ist in der Lage, was andere Menschen durch ihren Gesichtsausdruck vermitteln, durch kaum vorstellbare Ausdrucksformen ihres Körpers auszudrücken. Mit Figuren des klassischen Balletts, des Modern Dance, klassischer Choreografie, der Folklore und des Schauspiels verfügt sie über Ausdrucksformen, die nur selten in dieser Konzentration zusammenkommen. [..] Mit ihrem Solostück Wunschkonzert bringt Morales die Hoffnungen und die Ängste des Fräulein Rasch in Münster auf die Bühne, ohne ein Wort, einen Laut zu sprechen. Lediglich die elektronisch generierte, abstrakte Musik, die Michio Woirgardt gemischt hat, bilden eine Geräuschkulisse zurückhaltender Art, in der nur einige Male starke Rhythmuspassagen in den Vordergrund treten. Im Übrigen beherrscht Morales die Bühne. […]
Der Beifall will nicht enden, die Leistung und die Ausdruckskraft von Maura Morales sind überwältigend, und ein Abend im Theater, dieser Abend ist endlich – ja, endlich wieder – viel Beifall wert.