Eine kraftvolle Symphonie der Körper
Christoph Hartner, Kronen Zeitung
Das Ballett der Grazer Oper zeigt „Vom Verschwinden der Körper“ auf der Studiobühne: Triumph für das Ensemble rund um die kubanischstämmige Choreografin Maura Morales.
Am Ende sitzt das Publikum im Dunkeln und hört nur den Atem der Tänzer, der Zug für Zug ruhiger wird, bis er gänzlich abklingt. Auch wenn man die Tänzer nicht mehr sehen kann, spürt man noch den Nachklang ihrer Körper, die sie eben für gut 60 Minuten furios über die Studiobühne der Oper Graz gejagt haben.
Körper stehen im Mittelpunkt
Denn es ist ein atemberaubender Abend, den Maura Morales mit acht Tänzerinnen und Tänzern des Ballett Graz erarbeitet hat. Und auch wenn dieser den Titel „Vom Verschwinden der Körper“ trägt, stehen eben diese Körper stets im Mittelpunkt, sind das Thema, um das sich das Stück, aber auch die Performer unentwegt drehen.
[…] Die stark rhythmisierte, treibende Musik von Michio Woirgardt ist ein wesentlicher Faktor, dass aus dieser Performance eine Art Körpersymphonie wird, die eine immense Sogkraft entwickelt und die vom Ensemble (Brandon Carpio, Diego del Rey, Giulio Panzi, Leonardo Germani, Lucie Horná, Mireia González-Fernández, Rosa Maria Pace und Yuka Eda) eindrucksvoll auf die Bühne gebracht wird.
Hinreißendes Spiel mit Körperbildern
Ute Baumhackl, Kleine Zeitung
Vom Verschwinden der Körper erzählt mit den Mitteln des Tanzes höchst dynamisch vom Körper als soziales Konstrukt.
[…] Der neue Grazer Ballettdirektor Dirk Elwert hat die in Kuba geborene, in Deutschland gefeierte Choreografin nach Graz geholt, für die zweite Tanzproduktion der Saison am Opernhaus nach „Orlando“. Und wie der Auftakt erweist diese sich als rundum geglückt.
[…] Es geht um die Beschreibung und Entschlüsselung des Körper als soziales Konstrukt. Um die Reflexion über subjektive und soziale Körperbilder also, von acht Ensemblemitgliedern des Grazer Balletts hinreißend umgesetzt.
[…] Morales nutzt das alles für eine kraftvolle, sinnliche Choreografie, in der Handlung zugunsten von Atmosphäre hintansteht und der Schlusspunkt im Kollektiv gesetzt wird. Dieses ist hier keineswegs eine Absage an das Individuum: Auch der vergesellschaftete Körper kennt die Entgrenzung.
[…] Starken Anteil an der hypnotischen Wirkung des Abends hat Michio Woirgardts dynamische Bühnenmusik, eine Klanglandschaft aus Natur-, Industrial- und quasi sakralen Geräuschen, die sich im Laufe der Produktion ins Perkussive verdichten. Langer Jubel nach knapp 70 Minuten.